Papier: 02.03.03.03.06 Rechtsdurchsetzung (Teil 1)

Originalversion

1 I.3.3.3.6.1 Sicherung von Beweisen durch
2 Strafverfolgungsbehörden
3 Die effektive Rechtsdurchsetzung bedarf der
4 Täterfeststellung und für eine rechtskräftige Verurteilung
5 der Sicherung von Beweisen.
6
7 Für die Täterfeststellung und Beweissicherung bei Taten im
8 Internet sind drei Arten von Daten relevant: Bestandsdaten,
9 Nutzungs- und Verkehrsdaten sowie Inhaltsdaten.
10 Bestandsdaten[FN: Der Begriff wird durch § 3 Nr. 3 TKG legal
11 definiert.] sind diejenigen personenbezogenen Daten, die für
12 die Begründung des Vertragsverhältnisses zwischen Nutzer und
13 Dienstanbieter notwendig sind. Diese umfassen in der Regel
14 den Namen und die Adresse des Nutzers sowie die
15 Anschlusskennung, also üblicherweise die Rufnummer. Sie
16 sagen folglich nichts darüber aus, ob und in welchem Umfang
17 eine Nutzung tatsächlich stattgefunden hat. Nutzungs-[FN: §
18 15 Abs. 1 S. 1 TMG.] und Verkehrsdaten[FN: § 3 Nr. 30 TKG.]
19 geben Auskunft über die Nummer oder Kennung der beteiligten
20 Anschlüsse, Beginn und Ende der Nutzung, als auch die
21 Datenmenge, also den Umfang der Nutzung von
22 Telekommunikationsdiensten. Inhaltsdaten sind die mittels
23 Kommunikation ausgetauschten Informationen, oder auch
24 Inhalte von lokal gespeicherten Dateien.[FN: Gercke/Brunst,
25 Praxishandbuch Internetstrafrecht, 2009, S. 269 a.E.]
26
27
28 I.3.3.3.6.2 Erteilung von Bestandsdatenauskünften
29 Anbieter von Telemediendiensten dürfen nach § 14 Absatz 2
30 TMG[FN: Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I, S.
31 179), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 31. Mai 2010
32 (BGBl. I, S. 692).] auf Anordnung zuständiger Stellen und
33 bei Vorliegen weiterer Merkmale[FN: Die Auskunft muss für
34 Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die
35 Polizeibehörden der Länder, zur Erfüllung der gesetzlichen
36 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der
37 Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen
38 Abschirmdienstes oder des Bundeskriminalamtes im Rahmen
39 seiner Aufgabe zur Abwehr von Gefahren des internationalen
40 Terrorismus oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen
41 Eigentum erforderlich sein.] Auskünfte über Bestandsdaten
42 erteilen. Die Norm selbst befugt den Dienstanbieter in
43 datenschutzrechtlicher Hinsicht, sie ermächtigt jedoch nicht
44 die anfragende Stelle, die Daten tatsächlich abzufragen. Die
45 Behörde kann durch § 94 StPO[FN: Strafprozessordnung in der
46 Fassung vom 7. April 1987 (BGBl. I, S. 1074, 1319), zuletzt
47 geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2011 (BGBl. I, S. 1266).]
48 ermächtigt sein, eine Sicherstellung und Beschlagnahme
49 vorzunehmen.
50 Weitaus häufiger werden Bestandsdaten bei
51 Telekommunikationsdienstleistern abgefragt.[FN: 2010 führten
52 6,0 Mio. Ersuchen von Sicherheitsbehörden zu 36,0 Mio.
53 Abfragen bei Telekommunikationsdienstanbietern, siehe
54 Bundesnetzagentur, Jahresbericht 2010, S. 125, abrufbar
55 unter:
56 http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/BNet
57 zA/Presse/Berichte/2011/Jahresbericht2010pdf.pdf?__blob=publ
58 icationFile] Der Diensteanbieter wird datenschutzrechtlich
59 durch § 113 TKG[FN: Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni
60 2004 (BGBl. I, S. 1190), zuletzt geändert durch Gesetz vom
61 24. März 2011 (BGBl. I, S. 506).] grundsätzlich
62 verpflichtet, Daten an Behörden zu übermitteln.
63
64 Das Bundesverfassungsgericht sieht, wenn die
65 Auskunftserteilung unter mittelbarer Nutzung von
66 gespeicherten Verkehrsdaten, wie etwa dynamischer
67 IP-Adressen, erfolgt, einen Eingriff in Artikel 10 Absatz 1
68 GG als gegeben an, da eine Auskunft über einen Nutzer einer
69 IP-Adresse auch immer eine Aussage darüber enthalte, dass
70 ein Telekommunikationsvorgang stattgefunden habe.[FN:
71 BVerfGE 125, 260, 342, Tz. 259 – Vorratsdatenspeicherung.]
72 Einen Richtervorbehalt hat es jedoch für eine solche
73 Auskunft nach Bestandsdaten als nicht zwingend angesehen und
74 sich damit an seiner bisherigen Rechtsprechung orientiert.
75 Gleichwohl sieht das Bundesverfassungsgericht das
76 Transparenzgebot aber nur dann als nicht verletzt an, wenn
77 ein Betroffener grundsätzlich über den Vorgang einer
78 mittelbaren Datenauskunft benachrichtigt wird.[FN: BVerfGE
79 125, 260, 344, Tz. 263 – Vorratsdatenspeicherung, wonach
80 aber Ausnahmen gelten, wenn durch die Benachrichtigung der
81 Zweck der Datenauskunft vereitelt wird oder Interessen
82 Dritter oder des Betroffenen entgegenstehen.] Nach Ansicht
83 des Bundesverfassungsgerichts beinhalte die
84 Strafprozessordnung keinen „numerus clausus“ für Eingriffe
85 in Artikel 10 Absatz 1 GG. Derartige Eingriffe müssten daher
86 nicht ausschließlich auf §§ 100g, 100a StPO gestützt
87 werden.[FN: Eckhardt/Schütze, Vorratsdatenspeicherung nach
88 dem BVerfG: „Nach dem Gesetz ist vor dem Gesetz...“, CR
89 2010, 225, 228.] Begründet wurde dies damit, dass zwar in
90 Artikel 10 Absatz 1 GG eingegriffen werde, der Staat aber
91 selbst keinen Zugriff auf die verwendeten Verkehrsdaten
92 erhalte, sondern sich der TK-Anbieter dezentraler
93 Speicherstellen bedient, was den Eingriff abmildere.[FN:
94 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1
95 BvR 586/08, Tz. 256; dazu Eckhardt/Schütze,
96 Vorratsdatenspeicherung nach dem BVerfG: „Nach dem Gesetz
97 ist vor dem Gesetz...“, CR 2010, 225, 228.] Das
98 Bundesverfassungsgericht versteht § 113 TKG demnach so, dass
99 dieser „auf die jeweiligen fachgesetzlichen
100 Eingriffsgrundlagen verweist und für den Zugriff auf die
101 Daten zumindest einen hinreichenden Anfangsverdacht gemäß §§
102 161, 163 StPO oder eine konkrete Gefahr im Sinne der
103 polizeilichen Generalklauseln voraussetzt“.[FN: BVerfG, Urt.
104 v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08,
105 Tz. 289.]
106
107
108 I.3.3.3.6.3 Beauskunftung von Nutzungs- und Verkehrsdaten
109 Nutzungs- und Verkehrsdaten können bei
110 Telekommunikationsdienstleistern nach § 100g StPO
111 beauskunftet werden. Telekommunikationsdienstleister dürfen
112 diese gemäß der §§ 97 ff. TKG sowohl zu Abrechnungszwecken
113 als auch für die Aufklärung und Verhinderung von Störungen
114 und Missbräuchen speichern.
115
116 Die Telekommunikationsdienstleister unterliegen dabei jedoch
117 strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen.[FN: Vgl. BGH
118 Urteil v. 13.01.2011 – Az. III ZR 146/10]
119 Unabhängig davon sind nach der Richtlinie der EU über die
120 Vorratsspeicherung von Daten[FN: Richtlinie 2006/24/EG des
121 Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über
122 die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung
123 öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste
124 oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder
125 verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie
126 2002/58/EG, ABl. Nr. L 105 vom 13.4.2006, S. 54.], die
127 Anbieter von Telekommunikationsdiensten dazu verpflichtet,
128 Verkehrsdaten mindestens sechs Monate zu speichern.[FN: Art.
129 6 der Richtlinie 2006/24/EG.] Die Richtlinie wurde in
130 Deutschland bisher nicht verfassungskonform umgesetzt, da
131 das Bundesverfassungsgericht die entsprechenden
132 Umsetzungsnormen (§§ 113a, 113b TKG und § 100g Absatz 1 Satz
133 1 StPO) mit Urteil vom 2. März 2010 für nichtig erklärt
134 hat.[FN: BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR
135 263/08, 1 BvR 586/08.] Bisher gesammelte Vorratsdaten waren
136 daher umgehend von den Telekommunikationsunternehmen im
137 Anschluss an die Entscheidung zu löschen.
138 In seiner Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht
139 ausgeführt, dass es für eine verfassungskonforme Umsetzung
140 „hinreichend anspruchsvoller und normenklarer
141 Regelungen“[FN: BVerfG, Urt. vom 02.03.2010 - 1 BvR 256/08,
142 Tz. 220.] bezüglich der Datensicherheit, des Umfangs der
143 Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes
144 bedürfe. Bei den vorgesehenen pauschalen Speicherfristen
145 handle es sich um einen „besonders schweren Eingriff mit
146 einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht
147 kennt“[FN: BVerfG, Urt. vom 02.03.2010 - 1 BvR 256/08, Tz.
148 210.].
149
150 Eine verfassungs- und europarechtskonforme Umsetzung der
151 EU-Richtlinie in nationales Recht ist bisher noch nicht
152 erfolgt. Die EU-Kommission hat daher gegen Deutschland am
153 31. Mai 2012 beim Europäischen Gerichtshof Klage wegen
154 Nichtumsetzung der Richtlinie eingereicht. Bei Erfolg der
155 Klage der EU-Kommission wäre hiermit auch die Zahlung eines
156 Zwangsgeldes ab dem Tag des Urteils verbunden.[FN:
157 http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/1
158 2/530&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en]
159 Parallel hierzu hatte die EU-Kommission bereits im April
160 2011 nach der Evaluation[FN:
161 http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/malmstrom/archive/2
162 0110418_data_retention_evaluation_en.pdf] angekündigt, einen
163 Vorschlag für eine überarbeitete Richtlinie zur Speicherung
164 von Vorratsdaten vorzulegen. Dieser ist jedoch derzeit nicht
165 absehbar. Außerdem wird der Europäische Gerichtshof aufgrund
166 eines vom Irischen High Court angestrengten
167 Vorabentscheidungsverfahrens[FN: Vorabentscheidungsersuchen
168 des High Court of Ireland (Irland), eingereicht am 11. Juni
169 2012 – Digital Rights Ireland Ltd/Minister for
170 Communications, Marine and Natural Resources, Minister for
171 Justice, Equality and Law Reform, The Commissioner of the
172 Garda Síochána, Irland und The Attorney General, Rs.
173 C-293/12, abrufbar unter:
174 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessioni
175 d=9ea7d0f130d58137302027de4437af509098f919f0de.e34KaxiLc3eQc
176 40LaxqMbN4Oa3qLe0?text=&docid=125859&pageIndex=0&doclang=DE&
177 mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=3547468.] u. a. zu prüfen
178 haben, ob die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit
179 der Europäischen Grundrechtecharta vereinbar ist.
180
181
182 I.3.3.3.6.4 Ermittlung von Inhaltsdaten
183 Zur Ermittlung von Inhaltsdaten sind – vom Standpunkt der
184 (auch technischen) Machbarkeit betrachtet – mehrere Methoden
185 denkbar.
186
187
188 I.3.3.3.6.4.1 Beschlagnahme von Datenträgern
189 Datenträger – inklusive der darauf gespeicherten Daten –
190 können nach §§ 94 ff. StPO sichergestellt und beschlagnahmt
191 werden. Die Befugnis zur Auswertung der aufgefundenen Daten
192 richtet sich nach der Art der Daten, also etwa danach, ob
193 die Daten höchstpersönlichen Inhalt haben oder nicht.
194
195
196 I.3.3.3.6.4.2 Öffentlich zugängliche Daten (virtuelle
197 Streife)
198 Unabhängig von der Beschlagnahme von Hardware können durch
199 die Polizei Recherchen auf Grundlage des § 163 StPO[FN: §
200 163 Abs. 1 StPO lautet: „Die Behörden und Beamten des
201 Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle
202 keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die
203 Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie
204 befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im
205 Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen
206 jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche
207 Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.“.]
208 durchgeführt werden soweit Daten öffentlich zugänglich sind.
209 Öffentlich zugänglich sind diejenigen Daten, die jedem
210 Internetnutzer ohne Zugangssperre oder Passwort zugänglich
211 sind. Da in diesem Fall ein Grundrechtseingriff nicht
212 vorliegt, bedarf es keiner speziellen Befugnisnorm.
213
214
215 I.3.3.3.6.4.3 Zugriff beim Telekommunikationsdienstleister
216 Ein Zugriff auf Inhaltsdaten kann auf Grundlage und in den
217 Grenzen von §§ 100a, 100b StPO sowie der
218 Telekommunikations-Überwachungsverordnung[FN:
219 Telekommunikations-Überwachungsverordnung vom 3. November
220 2005 (BGBl. I, S. 3136), zuletzt geändert durch Gesetz vom
221 25. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 3083); erlassen auf Grund des
222 § 110 Abs. 2, 6 S. 2 und Abs. 8 S. 2 des
223 Telekommunikationsgesetzes vom 22.06.2004.] erfolgen.
224 Umstritten ist die rechtliche Ausgestaltung der Überwachung
225 von E-Mail-Verkehr und des Auslesens von
226 E-Mail-Korrespondenz.
227
228 Der Bundesgerichtshof entschied am 31. März 2009, dass
229 E-Mails beim Telekommunikationsdienstleister nach den
230 Regelungen über die Postbeschlagnahme nach § 99 StPO
231 beschlagnahmt werden können, da kein
232 Telekommunikationsvorgang während der Speicherung der
233 Nachricht beim Telekommunikationsdienstleister gegeben
234 sei.[FN: BGH, Beschl. v. 31.03.2009 – 1 StR 76/09 = NJW
235 2009, 1828.] Die Anwendbarkeit einer Postbeschlagnahme sieht
236 der Bundesgerichtshof darin begründet, dass eine E-Mail mit
237 dem herkömmlichen Telegramm vergleichbar sei.[FN: BGH,
238 Beschl. v. 31.03.2009 – 1 StR 76/09 = NJW 2009, 1828.] Das
239 Bundesverfassungsgericht hat hier für Klarheit gesorgt,
240 indem es am 16. Juni 2009 urteilte, dass E-Mails, die beim
241 Telekommunikationsdienstleister gespeichert sind, zwar dem
242 Fernmeldegeheimnis unterliegen, gleichwohl aber nach § 94
243 StPO beschlagnahmt werden können.[FN: BVerfG, Urt. v.
244 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 = NJW 2009, 2431, 2433.] Nach
245 Ansicht des Gerichts ist § 94 StPO taugliche
246 Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in Artikel 10 Absatz 1
247 GG.[FN: BVerfG, Urt. v. 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 = NJW
248 2009, 2431, 2433.] Es sei ferner nicht erkennbar, dass der
249 Gesetzgeber einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nur
250 nach den Vorschriften der §§ 100a und 100g StPO zulassen
251 wollte.[FN: BVerfG, Urt. v. 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 = NJW
252 2009, 2431, 2433.]
253
254 Kritiker dieses Urteils gehen davon aus, dass E-Mails beim
255 Telekommunikationsdienstleister dem Fernmeldegeheimnis
256 unterliegen, so dass auf sie nur nach den strengeren
257 Vorschriften der §§ 100a, 100b StPO zugegriffen werden
258 kann[FN: Gercke/Brunst, Praxishandbuch Internetstrafrecht,
259 2009, S. 327; Rössel, Beschlagnahme von E-Mails beim
260 Mailbox-Provider, ITRB 2004, S. 10-11; Störing,
261 Strafprozessualer Zugriff auf E-Mailboxen, CR 2009, S. 475,
262 479.], da diese Normen speziell und abschließend seien.
263
264 Mit der Übertragung der E-Mail auf den Rechner des Nutzers
265 endet der Schutz des Fernmeldegeheimnisses aus Artikel 10
266 Absatz 1 GG,[FN: BVerfG, Urt. v. 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04
267 = NJW 2006, 976, 978, Tz. 72.] da die Kommunikation nicht
268 mehr der spezifischen Gefahr ausgesetzt ist, die bei einer
269 Übermittlung durch Dritte besteht.[FN: BVerfG, Urt. v.
270 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04 = NJW 2006, 976, 978, Tz. 73.] Ab
271 diesem Zeitpunkt untersteht die E-Mail nur mehr dem Schutz
272 durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung,[FN:
273 BVerfG, Urt. v. 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04 = NJW 2006, 976,
274 978, Tz. 72.] sie kann daher dann gemäß § 94 StPO
275 beschlagnahmt werden.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 I.3.3.3.6.1 Sicherung von Beweisen durch
2 Strafverfolgungsbehörden
3 Die effektive Rechtsdurchsetzung bedarf der
4 Täterfeststellung und für eine rechtskräftige Verurteilung
5 der Sicherung von Beweisen.
6
7 Für die Täterfeststellung und Beweissicherung bei Taten im
8 Internet sind drei Arten von Daten relevant: Bestandsdaten,
9 Nutzungs- und Verkehrsdaten sowie Inhaltsdaten.
10 Bestandsdaten[FN: Der Begriff wird durch § 3 Nr. 3 TKG legal
11 definiert.] sind diejenigen personenbezogenen Daten, die für
12 die Begründung des Vertragsverhältnisses zwischen Nutzer und
13 Dienstanbieter notwendig sind. Diese umfassen in der Regel
14 den Namen und die Adresse des Nutzers sowie die
15 Anschlusskennung, also üblicherweise die Rufnummer. Sie
16 sagen folglich nichts darüber aus, ob und in welchem Umfang
17 eine Nutzung tatsächlich stattgefunden hat. Nutzungs-[FN: §
18 15 Abs. 1 S. 1 TMG.] und Verkehrsdaten[FN: § 3 Nr. 30 TKG.]
19 geben Auskunft über die Nummer oder Kennung der beteiligten
20 Anschlüsse, Beginn und Ende der Nutzung, als auch die
21 Datenmenge, also den Umfang der Nutzung von
22 Telekommunikationsdiensten. Inhaltsdaten sind die mittels
23 Kommunikation ausgetauschten Informationen, oder auch
24 Inhalte von lokal gespeicherten Dateien.[FN: Gercke/Brunst,
25 Praxishandbuch Internetstrafrecht, 2009, S. 269 a.E.]
26
27
28 I.3.3.3.6.2 Erteilung von Bestandsdatenauskünften
29 Anbieter von Telemediendiensten dürfen nach § 14 Absatz 2
30 TMG[FN: Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I, S.
31 179), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 31. Mai 2010
32 (BGBl. I, S. 692).] auf Anordnung zuständiger Stellen und
33 bei Vorliegen weiterer Merkmale[FN: Die Auskunft muss für
34 Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die
35 Polizeibehörden der Länder, zur Erfüllung der gesetzlichen
36 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der
37 Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen
38 Abschirmdienstes oder des Bundeskriminalamtes im Rahmen
39 seiner Aufgabe zur Abwehr von Gefahren des internationalen
40 Terrorismus oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen
41 Eigentum erforderlich sein.] Auskünfte über Bestandsdaten
42 erteilen. Die Norm selbst befugt den Dienstanbieter in
43 datenschutzrechtlicher Hinsicht, sie ermächtigt jedoch nicht
44 die anfragende Stelle, die Daten tatsächlich abzufragen. Die
45 Behörde kann durch § 94 StPO[FN: Strafprozessordnung in der
46 Fassung vom 7. April 1987 (BGBl. I, S. 1074, 1319), zuletzt
47 geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2011 (BGBl. I, S. 1266).]
48 ermächtigt sein, eine Sicherstellung und Beschlagnahme
49 vorzunehmen.
50 Weitaus häufiger werden Bestandsdaten bei
51 Telekommunikationsdienstleistern abgefragt.[FN: 2010 führten
52 6,0 Mio. Ersuchen von Sicherheitsbehörden zu 36,0 Mio.
53 Abfragen bei Telekommunikationsdienstanbietern, siehe
54 Bundesnetzagentur, Jahresbericht 2010, S. 125, abrufbar
55 unter:
56 http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/BNet
57 zA/Presse/Berichte/2011/Jahresbericht2010pdf.pdf?__blob=publ
58 icationFile] Der Diensteanbieter wird datenschutzrechtlich
59 durch § 113 TKG[FN: Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni
60 2004 (BGBl. I, S. 1190), zuletzt geändert durch Gesetz vom
61 24. März 2011 (BGBl. I, S. 506).] grundsätzlich
62 verpflichtet, Daten an Behörden zu übermitteln.
63
64 Das Bundesverfassungsgericht sieht, wenn die
65 Auskunftserteilung unter mittelbarer Nutzung von
66 gespeicherten Verkehrsdaten, wie etwa dynamischer
67 IP-Adressen, erfolgt, einen Eingriff in Artikel 10 Absatz 1
68 GG als gegeben an, da eine Auskunft über einen Nutzer einer
69 IP-Adresse auch immer eine Aussage darüber enthalte, dass
70 ein Telekommunikationsvorgang stattgefunden habe.[FN:
71 BVerfGE 125, 260, 342, Tz. 259 – Vorratsdatenspeicherung.]
72 Einen Richtervorbehalt hat es jedoch für eine solche
73 Auskunft nach Bestandsdaten als nicht zwingend angesehen und
74 sich damit an seiner bisherigen Rechtsprechung orientiert.
75 Gleichwohl sieht das Bundesverfassungsgericht das
76 Transparenzgebot aber nur dann als nicht verletzt an, wenn
77 ein Betroffener grundsätzlich über den Vorgang einer
78 mittelbaren Datenauskunft benachrichtigt wird.[FN: BVerfGE
79 125, 260, 344, Tz. 263 – Vorratsdatenspeicherung, wonach
80 aber Ausnahmen gelten, wenn durch die Benachrichtigung der
81 Zweck der Datenauskunft vereitelt wird oder Interessen
82 Dritter oder des Betroffenen entgegenstehen.] Nach Ansicht
83 des Bundesverfassungsgerichts beinhalte die
84 Strafprozessordnung keinen „numerus clausus“ für Eingriffe
85 in Artikel 10 Absatz 1 GG. Derartige Eingriffe müssten daher
86 nicht ausschließlich auf §§ 100g, 100a StPO gestützt
87 werden.[FN: Eckhardt/Schütze, Vorratsdatenspeicherung nach
88 dem BVerfG: „Nach dem Gesetz ist vor dem Gesetz...“, CR
89 2010, 225, 228.] Begründet wurde dies damit, dass zwar in
90 Artikel 10 Absatz 1 GG eingegriffen werde, der Staat aber
91 selbst keinen Zugriff auf die verwendeten Verkehrsdaten
92 erhalte, sondern sich der TK-Anbieter dezentraler
93 Speicherstellen bedient, was den Eingriff abmildere.[FN:
94 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1
95 BvR 586/08, Tz. 256; dazu Eckhardt/Schütze,
96 Vorratsdatenspeicherung nach dem BVerfG: „Nach dem Gesetz
97 ist vor dem Gesetz...“, CR 2010, 225, 228.] Das
98 Bundesverfassungsgericht versteht § 113 TKG demnach so, dass
99 dieser „auf die jeweiligen fachgesetzlichen
100 Eingriffsgrundlagen verweist und für den Zugriff auf die
101 Daten zumindest einen hinreichenden Anfangsverdacht gemäß §§
102 161, 163 StPO oder eine konkrete Gefahr im Sinne der
103 polizeilichen Generalklauseln voraussetzt“.[FN: BVerfG, Urt.
104 v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08,
105 Tz. 289.]
106
107
108 I.3.3.3.6.3 Beauskunftung von Nutzungs- und Verkehrsdaten
109 Nutzungs- und Verkehrsdaten können bei
110 Telekommunikationsdienstleistern nach § 100g StPO
111 beauskunftet werden. Telekommunikationsdienstleister dürfen
112 diese gemäß der §§ 97 ff. TKG sowohl zu Abrechnungszwecken
113 als auch für die Aufklärung und Verhinderung von Störungen
114 und Missbräuchen speichern.
115
116 Die Telekommunikationsdienstleister unterliegen dabei jedoch
117 strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen.[FN: Vgl. BGH
118 Urteil v. 13.01.2011 – Az. III ZR 146/10]
119 Unabhängig davon sind nach der Richtlinie der EU über die
120 Vorratsspeicherung von Daten[FN: Richtlinie 2006/24/EG des
121 Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über
122 die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung
123 öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste
124 oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder
125 verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie
126 2002/58/EG, ABl. Nr. L 105 vom 13.4.2006, S. 54.], die
127 Anbieter von Telekommunikationsdiensten dazu verpflichtet,
128 Verkehrsdaten mindestens sechs Monate zu speichern.[FN: Art.
129 6 der Richtlinie 2006/24/EG.] Die Richtlinie wurde in
130 Deutschland bisher nicht verfassungskonform umgesetzt, da
131 das Bundesverfassungsgericht die entsprechenden
132 Umsetzungsnormen (§§ 113a, 113b TKG und § 100g Absatz 1 Satz
133 1 StPO) mit Urteil vom 2. März 2010 für nichtig erklärt
134 hat.[FN: BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR
135 263/08, 1 BvR 586/08.] Bisher gesammelte Vorratsdaten waren
136 daher umgehend von den Telekommunikationsunternehmen im
137 Anschluss an die Entscheidung zu löschen.
138 In seiner Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht
139 ausgeführt, dass es für eine verfassungskonforme Umsetzung
140 „hinreichend anspruchsvoller und normenklarer
141 Regelungen“[FN: BVerfG, Urt. vom 02.03.2010 - 1 BvR 256/08,
142 Tz. 220.] bezüglich der Datensicherheit, des Umfangs der
143 Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes
144 bedürfe. Bei den vorgesehenen pauschalen Speicherfristen
145 handle es sich um einen „besonders schweren Eingriff mit
146 einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht
147 kennt“[FN: BVerfG, Urt. vom 02.03.2010 - 1 BvR 256/08, Tz.
148 210.].
149
150 Eine verfassungs- und europarechtskonforme Umsetzung der
151 EU-Richtlinie in nationales Recht ist bisher noch nicht
152 erfolgt. Die EU-Kommission hat daher gegen Deutschland am
153 31. Mai 2012 beim Europäischen Gerichtshof Klage wegen
154 Nichtumsetzung der Richtlinie eingereicht. Bei Erfolg der
155 Klage der EU-Kommission wäre hiermit auch die Zahlung eines
156 Zwangsgeldes ab dem Tag des Urteils verbunden.[FN:
157 http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/1
158 2/530&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en]
159 Parallel hierzu hatte die EU-Kommission bereits im April
160 2011 nach der Evaluation[FN:
161 http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/malmstrom/archive/2
162 0110418_data_retention_evaluation_en.pdf] angekündigt, einen
163 Vorschlag für eine überarbeitete Richtlinie zur Speicherung
164 von Vorratsdaten vorzulegen. Dieser ist jedoch derzeit nicht
165 absehbar. Außerdem wird der Europäische Gerichtshof aufgrund
166 eines vom Irischen High Court angestrengten
167 Vorabentscheidungsverfahrens[FN: Vorabentscheidungsersuchen
168 des High Court of Ireland (Irland), eingereicht am 11. Juni
169 2012 – Digital Rights Ireland Ltd/Minister for
170 Communications, Marine and Natural Resources, Minister for
171 Justice, Equality and Law Reform, The Commissioner of the
172 Garda Síochána, Irland und The Attorney General, Rs.
173 C-293/12, abrufbar unter:
174 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessioni
175 d=9ea7d0f130d58137302027de4437af509098f919f0de.e34KaxiLc3eQc
176 40LaxqMbN4Oa3qLe0?text=&docid=125859&pageIndex=0&doclang=DE&
177 mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=3547468.] u. a. zu prüfen
178 haben, ob die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit
179 der Europäischen Grundrechtecharta vereinbar ist.
180
181
182 I.3.3.3.6.4 Ermittlung von Inhaltsdaten
183 Zur Ermittlung von Inhaltsdaten sind – vom Standpunkt der
184 (auch technischen) Machbarkeit betrachtet – mehrere Methoden
185 denkbar.
186
187
188 I.3.3.3.6.4.1 Beschlagnahme von Datenträgern
189 Datenträger – inklusive der darauf gespeicherten Daten –
190 können nach §§ 94 ff. StPO sichergestellt und beschlagnahmt
191 werden. Die Befugnis zur Auswertung der aufgefundenen Daten
192 richtet sich nach der Art der Daten, also etwa danach, ob
193 die Daten höchstpersönlichen Inhalt haben oder nicht.
194
195
196 I.3.3.3.6.4.2 Öffentlich zugängliche Daten (virtuelle
197 Streife)
198 Unabhängig von der Beschlagnahme von Hardware können durch
199 die Polizei Recherchen auf Grundlage des § 163 StPO[FN: §
200 163 Abs. 1 StPO lautet: „Die Behörden und Beamten des
201 Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle
202 keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die
203 Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie
204 befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im
205 Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen
206 jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche
207 Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.“.]
208 durchgeführt werden soweit Daten öffentlich zugänglich sind.
209 Öffentlich zugänglich sind diejenigen Daten, die jedem
210 Internetnutzer ohne Zugangssperre oder Passwort zugänglich
211 sind. Da in diesem Fall ein Grundrechtseingriff nicht
212 vorliegt, bedarf es keiner speziellen Befugnisnorm.
213
214
215 I.3.3.3.6.4.3 Zugriff beim Telekommunikationsdienstleister
216 Ein Zugriff auf Inhaltsdaten kann auf Grundlage und in den
217 Grenzen von §§ 100a, 100b StPO sowie der
218 Telekommunikations-Überwachungsverordnung[FN:
219 Telekommunikations-Überwachungsverordnung vom 3. November
220 2005 (BGBl. I, S. 3136), zuletzt geändert durch Gesetz vom
221 25. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 3083); erlassen auf Grund des
222 § 110 Abs. 2, 6 S. 2 und Abs. 8 S. 2 des
223 Telekommunikationsgesetzes vom 22.06.2004.] erfolgen.
224 Umstritten ist die rechtliche Ausgestaltung der Überwachung
225 von E-Mail-Verkehr und des Auslesens von
226 E-Mail-Korrespondenz.
227
228 Der Bundesgerichtshof entschied am 31. März 2009, dass
229 E-Mails beim Telekommunikationsdienstleister nach den
230 Regelungen über die Postbeschlagnahme nach § 99 StPO
231 beschlagnahmt werden können, da kein
232 Telekommunikationsvorgang während der Speicherung der
233 Nachricht beim Telekommunikationsdienstleister gegeben
234 sei.[FN: BGH, Beschl. v. 31.03.2009 – 1 StR 76/09 = NJW
235 2009, 1828.] Die Anwendbarkeit einer Postbeschlagnahme sieht
236 der Bundesgerichtshof darin begründet, dass eine E-Mail mit
237 dem herkömmlichen Telegramm vergleichbar sei.[FN: BGH,
238 Beschl. v. 31.03.2009 – 1 StR 76/09 = NJW 2009, 1828.] Das
239 Bundesverfassungsgericht hat hier für Klarheit gesorgt,
240 indem es am 16. Juni 2009 urteilte, dass E-Mails, die beim
241 Telekommunikationsdienstleister gespeichert sind, zwar dem
242 Fernmeldegeheimnis unterliegen, gleichwohl aber nach § 94
243 StPO beschlagnahmt werden können.[FN: BVerfG, Urt. v.
244 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 = NJW 2009, 2431, 2433.] Nach
245 Ansicht des Gerichts ist § 94 StPO taugliche
246 Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in Artikel 10 Absatz 1
247 GG.[FN: BVerfG, Urt. v. 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 = NJW
248 2009, 2431, 2433.] Es sei ferner nicht erkennbar, dass der
249 Gesetzgeber einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nur
250 nach den Vorschriften der §§ 100a und 100g StPO zulassen
251 wollte.[FN: BVerfG, Urt. v. 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 = NJW
252 2009, 2431, 2433.]
253
254 Kritiker dieses Urteils gehen davon aus, dass E-Mails beim
255 Telekommunikationsdienstleister dem Fernmeldegeheimnis
256 unterliegen, so dass auf sie nur nach den strengeren
257 Vorschriften der §§ 100a, 100b StPO zugegriffen werden
258 kann[FN: Gercke/Brunst, Praxishandbuch Internetstrafrecht,
259 2009, S. 327; Rössel, Beschlagnahme von E-Mails beim
260 Mailbox-Provider, ITRB 2004, S. 10-11; Störing,
261 Strafprozessualer Zugriff auf E-Mailboxen, CR 2009, S. 475,
262 479.], da diese Normen speziell und abschließend seien.
263
264 Mit der Übertragung der E-Mail auf den Rechner des Nutzers
265 endet der Schutz des Fernmeldegeheimnisses aus Artikel 10
266 Absatz 1 GG,[FN: BVerfG, Urt. v. 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04
267 = NJW 2006, 976, 978, Tz. 72.] da die Kommunikation nicht
268 mehr der spezifischen Gefahr ausgesetzt ist, die bei einer
269 Übermittlung durch Dritte besteht.[FN: BVerfG, Urt. v.
270 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04 = NJW 2006, 976, 978, Tz. 73.] Ab
271 diesem Zeitpunkt untersteht die E-Mail nur mehr dem Schutz
272 durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung,[FN:
273 BVerfG, Urt. v. 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04 = NJW 2006, 976,
274 978, Tz. 72.] sie kann daher dann gemäß § 94 StPO
275 beschlagnahmt werden.

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