01.03.02 Wettbewerb im Internetzugangsmarkt

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  • 01.03.02 Wettbewerb im Internetzugangsmarkt (Originalversion)

    von EnqueteSekretariat, angelegt
    1 Wie bereits dargelegt wurde, kommt einem funktionsfähigen
    2 Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt eine hohe Bedeutung
    3 für die Erreichung verschiedenster Zielsetzungen zu: Neben
    4 der Steigerung von Qualität und der Gewährleistung
    5 wettbewerbsorientierter Endkundenpreise trägt ein intensiver
    6 Wettbewerb insbesondere auch wesentlich zur Schaffung eines
    7 flächendeckenden Zugangs zum Internet bei. Nichtsdestotrotz
    8 gibt es Gebiete, in denen bisher noch kein breitbandiger
    9 Internetzugang zur Verfügung steht. Durch die Vorgabe bei
    10 der Frequenzzuteilung, bisher unterversorgte Gebiete zuerst
    11 mit Mobilfunk der 4ten Generation zu versorgen, konnte dies
    12 aber teilweise kompensiert werden.
    13
    14 Dies gilt gleichermaßen für den Wettbewerb der
    15 Infrastrukturen untereinander als auch für den Wettbewerb
    16 der über eine einzelne Infrastruktur realisierten Dienste.
    17 Letzterer erlangt dort besondere Bedeutung, wo aus
    18 ökonomischen Gründen der parallele Aufbau mehrerer
    19 Infrastrukturen wirtschaftlich nicht möglich ist. Gerade
    20 beim Ausbau von Ultra-Breitband sind oft derart hohe
    21 Investitionen notwendig, dass ein Ausbau nur unter Nutzung
    22 von Synergien zwischen den Infrastrukturbetreibern sinnvoll
    23 erscheint. Für eine hinreichende Auslastung einer neu
    24 errichteten Netzinfrastruktur als Voraussetzung für deren
    25 Amortisierung sind häufig Penetrationsraten notwendig, die
    26 im Falle einer weiteren, ebenso leistungsfähigen
    27 Konkurrenzinfrastruktur nur schwer zu erreichen sind. Um
    28 unter diesen Gegebenheiten einen funktionsfähigen Wettbewerb
    29 zu ermöglichen, ist es zwingend notwendig, die Realisierung
    30 von im Wettbewerb stehenden Diensten durch verschiedene
    31 Diensteanbieter auf der Infrastruktur zu ermöglichen.
    32
    33 Die Anbieterstruktur hat sich seit Mitte der 1990er Jahre
    34 stark verändert: Damals war sie geprägt durch viele kleine
    35 lokale Anbieter, die aber keine eigene Leitungsinfrastruktur
    36 betrieben. Die Einwahl ins Internet erfolgte über das
    37 normale Telefonnetz; die verfügbaren Modems modulierten die
    38 Datenübertragung mit Tönen im hörbaren Bereich. Die letzte
    39 Meile bis zum Endkunden wurde also in der Regel über die
    40 normale Telefonleitung des ehemaligen Monopolisten
    41 betrieben. Mit dem Einsatz neuer Technologien wie DSL und
    42 dem Einstieg bundesweiter Internetzugansanbieter änderte
    43 sich dies: Der harte Wettbewerb und niedrige Gewinnmargen im
    44 Endkundengeschäft sorgten dafür, dass viele kleine Anbieter
    45 nicht mehr mithalten konnten und nun nur noch spezielle
    46 Nischen bedienen oder ganz verschwunden sind. Der Markt wird
    47 im Wesentlichen von sieben Providern[FN: Vgl.dazu die
    48 Ausführungen unter:
    49 http://www.onlinekosten.de/breitband/breitbandkunden]
    50 beherrscht, wobei die Telekom als Ex-Monopolist auf rund 50
    51 Prozent Marktanteil kommt. Im Gegensatz zu den 1990er Jahren
    52 herrscht in gut ausgebauten Gebieten allerdings ein
    53 Wettbewerb auf der letzten Meile sowie verschiedener
    54 Infrastrukturen. Die für Endkunden sichtbarste Folge der
    55 Veränderungen sind insgesamt drastisch gefallene Kosten.
    56
    57
    58 I.2.2.3 Wettbewerb verschiedener Infrastrukturen
    59 Die dargestellte technische Entwicklung erlaubt in
    60 städtischen Gebieten zunehmend auch einen intensiven
    61 Wettbewerb verschiedener Infrastrukturen, die alle eine
    62 nachfragegerechte Breitbandversorgung ermöglichen. Dies
    63 schließt in jedem Fall die oft parallel ausgebauten
    64 Festnetztechnologien Kupfer- und TV-Kabel, zunehmend auch
    65 Glasfaserkabel, ein. Hinzu tritt die dank neuer
    66 Mobilfunkgenerationen immer leistungsfähiger werdende
    67 Mobilfunkversorgung, die mit LTE sogar zu einer validen
    68 Alternative zu einem Festnetzanschluss wird.
    69
    70 Diese heterogene Infrastruktur aus regionalen, teilweise
    71 auch lokalen Glasfaser- und glasfaserbasierten
    72 TV-Kabelnetzen sowie den Mobilfunknetzen wird die Markt- und
    73 Wettbewerbslandschaft künftig genauso prägen wie die
    74 Vielschichtigkeit der Marktteilnehmer. Neben klassischen
    75 Telekommunikationsunternehmen und reinen
    76 Dienstleistungsanbietern beteiligen sich zunehmend zum
    77 Beispiel auch Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen
    78 mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kooperations- und
    79 Risikoteilungsmodellen am Aufbau und Betrieb aktiver und
    80 passiver Infrastrukturen. Trotz der mit Kooperationen
    81 erzielbaren Synergieeffekte und Wirtschaftlichkeitsvorteile
    82 ist ein paralleler Aufbau mehrerer Hochgeschwindigkeitsnetze
    83 mit Blick auf den hohen Fixkostenanteil gerade in dünn
    84 besiedelten Regionen ökonomisch häufig aber nicht sinnvoll.
    85 Deshalb bedarf es neben dem Infrastrukturwettbewerb vor
    86 allem in diesen Bereichen des zusätzlichen Wettbewerbs auf
    87 der Ebene der über diese Infrastrukturen realisierten
    88 Telekommunikations- und Telemediendienste.
    89 Insbesondere beim künftigen Glasfaserausbau zeigt die
    90 bereits zitierte WIK-Studie für das NGA-Forum der
    91 Bundesnetzagentur, dass ein wirtschaftlicher Ausbau oft erst
    92 bei Penetrationsraten von mindestens 60 Prozent möglich ist
    93 und Kooperationen beim Aufbau und Betrieb daher von
    94 zentraler Bedeutung sind.[FN: Vgl. Präsentation des WIK:
    95 Implikationen eines flächendeckenden Glasfaserausbaus und
    96 sein Subventionsbedarf – Zusammenfassung der Ergebnisse
    97 eines Forschungsprojektes. 2011, S. 32ff. Online abrufbar
    98 unter:
    99 http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/BNet
    100 zA/Sachgebiete/Telekommunikation/Regulierung/NGAForum/15teSi
    101 tzung/NGAForum201109_WIKStudieFolien.pdf?__blob=publicationF
    102 ile]
    103
    104 Um für die Endkunden trotz der gegebenenfalls vorhandenen
    105 Dominanz einer einzelnen kabelgebundenen
    106 Glasfaserinfrastruktur in der betreffenden Region ein
    107 umfassendes und vielfältiges Diensteangebot mit möglichst
    108 gleichgearteten Leistungsmerkmalen sicherstellen zu können,
    109 stehen grundsätzlich freiwillige oder regulierte Open
    110 Access-Zugangmodelle auf Vorleistungsebene zur Wahl. Unter
    111 Open Access wird ein Konzept zum Zugang zu
    112 Vorleistungsprodukten eines Infrastrukturinhabers
    113 verstanden.[FN: Hinweis: Der Begriff Open Access wird auch
    114 im Kontext mit Wissenschaft und Forschung verwandt. Dort
    115 bezeichnet er die für Nutzer kostenfreie und öffentlich
    116 zugängliche Bereitstellung wissenschaftlicher Publikationen
    117 und Daten im Internet. Siehe hierzu den Bericht der
    118 Projektgruppe Bildung und Forschung (BT-Drucksache 17/XXXX).
    119 Online abrufbar unter: www….] Freiwillige Zugangsmodelle
    120 basieren auf den Prinzipien der Freiwilligkeit, Transparenz
    121 und Diskriminierungsfreiheit und setzen zunächst auf
    122 freiwillige Angebote, Kooperationen und Verhandlungslösungen
    123 der Marktteilnehmer selbst. Regulierte Zugangsmodelle
    124 basieren demgegenüber auf regulatorischen
    125 Vorabverpflichtungen, mit denen diskriminierungsfreie
    126 Zugangs- und Nutzungsbedingungen für alle Marktteilnehmer
    127 durch die nationalen Regulierungsbehörden ex ante geschaffen
    128 werden. Beide Modelle zielen in unterschiedlichem Maße
    129 darauf ab, dass Provider und Diensteanbieter ohne eigene
    130 Infrastruktur vor Ort den Endkunden weiterhin attraktive
    131 Angebote unterbreiten können, die Auslastung und Effizienz
    132 der errichteten Netze erhöht wird und der Wettbewerb
    133 aufrechterhalten bleibt.
    134 Beim Glasfaserausbau wird angesichts der bereits erwähnten
    135 hohen Investitionskosten eine zusätzliche Komplexität
    136 entstehen. Anders als bei der Errichtung des
    137 Kupferkabelnetzes durch den damaligen Staatsmonopolisten
    138 gibt es beim Aufbau eines bundesweit flächendeckenden
    139 Glasfasernetzes nicht mehr nur einen zentralen Akteur. Wie
    140 bereits ausgeführt, werden häufig lokal und regional
    141 eigenständige Unternehmen den Ausbau vorantreiben, oft dabei
    142 auch Unternehmen aus anderen Branchen, etwa
    143 Energieunternehmen oder Stadtwerke. Beim Aufbau und Betrieb
    144 dieser Breitbandinfrastrukturen wird der Gewährleistung von
    145 Interoperabilität eine essentielle Bedeutung zukommen. Die
    146 steigende Anzahl lokaler Breitbandnetze erfordert die
    147 technische Standardisierung von Schnittstellen und
    148 Prozessen, um den Netzzugang zu ermöglichen. Eine zu große
    149 Vielfalt von Schnittstellen und Prozeduren wird nicht mehr
    150 praktikabel sein. Deshalb ist eine bundesweite Definition
    151 standardisierter Schnittstellen und Prozesse von erheblicher
    152 Bedeutung, um Zugang zu und damit einen intensiven
    153 Wettbewerb bei den auf der Infrastruktur realisierten
    154 Diensten zu erreichen.[FN: Das Thema Interoperabilität wird
    155 in der Projektgruppe Interoperabilität, Standards, Freie
    156 Software behandelt.]
    157
    158
    159 I.2.2.4 Fortdauernde Bedeutung des Dienstewettbewerbs
    160 innerhalb einer Infrastruktur
    161 Im Rahmen der Liberalisierung des Telekommunikationssektors
    162 hat der Dienstewettbewerb, das heißt bei Verwendung
    163 zumindest teilweise derselben Infrastruktur, einen
    164 wesentlichen Beitrag zur Entstehung eines intensiven
    165 Wettbewerbs geleistet. Deutschland steht hier – gerade auch
    166 dank der entsprechenden regulatorischen Vorgaben – im
    167 internationalen Vergleich mit einem grundsätzlich guten
    168 Wettbewerbsergebnis dar[FN: So ist etwa im internationalen
    169 Vergleich des OECD Communications Outlook 2011 der
    170 Marktanteil von neuen Marktteilnehmern im Wettbewerb („New
    171 entrants“) an den Festnetzanschlüssen für Deutschland im
    172 Jahr 2009 mit 33 Prozent ausgewiesen und hat damit im
    173 europäischen Vergleich einen der höchsten Werte. Vgl.OECD
    174 Communications Outlook 2011, S. 57. Online abrufbar unter:
    175 www.oecd.org/sti/telecom/outlook. Der Anteil hat sich
    176 seitdem in Deutschland weiter erhöht (38 Prozent im Jahr
    177 2011 nach dem Tätigkeitsbericht Telekommunikation 2010/11
    178 der Bundesnetzagentur, S. 31 ff. Online abrufbar unter
    179 http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/BNet
    180 zA/Presse/Berichte/2011/TaetigkeitsberichtTK20102011pdf.pdf?
    181 __blob=publicationFile. Hinzu kommt ein steigender
    182 Wettbewerbsabteil der Kabelanbieter. Unverändert verfügt
    183 aber der Incumbent Deutsche Telekom in relevanten Märkten
    184 über erhebliche Marktmacht im Sinne der
    185 EU-TK-Marktregulierung.]. In der Betrachtung der Bedeutung
    186 des Dienstewettbewerbs ist daher zwischen Auf- oder auch
    187 Ausbau der Netzinfrastruktur auf der einen und Betrieb von
    188 Netzinfrastruktur auf der anderen Seite zu unterscheiden.
    189 Während es beim Auf- und Ausbau um die Schaffung von
    190 Infrastruktuwettbewerb geht, gilt beim Betrieb , dass hier
    191 auch ein reiner Dienstewettbewerb seine eigenständige
    192 Relevanz zur Sicherung vielfältiger und attraktiver Angebote
    193 für den Endkunden auch bei sich entwickelndem
    194 Infrastrukturwettbewerb behält.
    195
    196 Von besonderer Bedeutung ist der Dienstewettbewerb
    197 insbesondere dort, wo aus wirtschaftlichen Gründen eine
    198 Dopplung von Infrastrukturen nicht zu erwarten ist. Hier
    199 kommt einem funktionierenden Dienstewettbewerb auf einer
    200 einheitlichen Infrastruktur eine zentrale Rolle zu. Beim
    201 gemeinsamen Aufbau und Betrieb von
    202 Telekommunikationsinfrastrukturen haben die Gewährleistung
    203 von Interoperabilität, die Förderung von Investitionen und
    204 Innovationen sowie die Sicherung von Wettbewerb und
    205 Wahlfreiheit der Endverbraucher im Mittelpunkt zu stehen.
    206 Künftig werden Unternehmen den Zugang zu Netzen Dritter
    207 nachfragen, um ein möglichst flächendeckendes Produktangebot
    208 zu erreichen, denn viele Marktakteure werden auch künftig
    209 Produkte bundesweit anbieten wollen und aus wirtschaftlicher
    210 Sicht sogar müssen.
    211 Der Zugang zu Netzen Dritter sichert so einen
    212 diskriminierungsfreien Wettbewerb und sorgt damit für
    213 Angebote, die es den Endkunden ermöglichen, frei zwischen
    214 möglichst unterschiedlichen Produkten, Qualitäten, Preisen
    215 und Anbietern zu entscheiden.
    216
    217 An dieser Stelle kommt der Entwicklung von Marktlösungen in
    218 Form von freiwilligen oder regulierten Kooperationsmodellen
    219 eine zentrale Bedeutung zu – das Stichwort lautet Open
    220 Access beim Netzzugang. Dort, wo sich und soweit sich
    221 Infrastrukturinhaber und Nachfrager unter Beachtung der
    222 Prinzipien Freiwilligkeit, Transparenz und
    223 Diskriminierungsfreiheit auf Leistungsspezifika und Preise
    224 für einen Zugang einigen, kann freiwilliges Open Access auch
    225 als marktgerechte und wettbewerbsfördernde Alternative zur
    226 herkömmlichen Regulierung angesehen werden. Das freiwillige
    227 Open Access-Konzept ist jedoch keinesfalls mit symmetrischer
    228 Regulierung gleichzusetzen oder zu verwechseln. Im Fall der
    229 Nichteinigung auf kommerzieller Basis können regulatorische
    230 Instrumente zur Anwendung kommen, wie zum Beispiel die
    231 Anordnung von Zugangsansprüchen oder eine Entgeltregulierung
    232 im Rahmen der entsprechenden rechtlich-regulatorischen
    233 Voraussetzungen, etwa nach den Regelungen und Verfahren des
    234 Telekommunikationsgesetzes (TKG).
    235
    236 Zwar ist im Telekommunikationsgesetz die Regulierung einer
    237 marktbeherrschenden Stellung der wesentliche Ansatz. Darüber
    238 hinaus ist es nach den neuen EU-Richtlinien, insbesondere
    239 nach Artikel 12 der Rahmenrichtlinie, aber auch möglich,
    240 Unternehmen beziehungsweise Eigentumsrechteinhabern
    241 symmetrische Regulierungsverpflichtungen aufzuerlegen.
    242 „Die nationale Regulierungsbehörde kann demnach unter
    243 Beachtung der Verhältnismäßigkeit die gemeinsame Nutzung
    244 [vorhandener Infrastruktur] vorschreiben, wozu unter anderem
    245 Gebäude, Gebäudezugänge, Verkabelungen in Gebäuden, Masten,
    246 Antennen, Türme oder andere Trägerstrukturen, Leitungsrohre,
    247 Leerrohre, Einstiegsschächte und Verteilerkästen
    248 gehören.“[FN: Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur
    249 und Kommunikationsdienste (WIK): Symmetrische Regulierung:
    250 Möglichkeiten und Grenzen im neuen EU-Rechtsrahmen. Autoren:
    251 Lorenz Nett, Ulrich Stumpf. Bad Honnef, Februar 2011. S.
    252 III.] In anderen europäischen Ländern (zum Beispiel
    253 Frankreich oder Portugal) haben die nationalen
    254 Regulierungsbehörden bereits entsprechende
    255 Zugangsverpflichtungen für die Inhaus-Verkabelung erlassen,
    256 welche als Engpass bzw. notwendige Voraussetzung betrachtet
    257 wird. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Instituts für
    258 Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) vom Februar
    259 2011 schlägt entsprechende Maßnahmen auch für Deutschland
    260 vor. Exklusivvereinbarungen mit Kabelnetzbetreibern halten
    261 die Autoren hingegen für „regulierungsökonomisch
    262 problematisch“.[FN: Wissenschaftliches Institut für
    263 Infrastruktur und Kommunikationsdienste: Symmetrische
    264 Regulierung: Möglichkeiten und Grenzen im neuen
    265 EU-Rechtsrahmen. Autoren: Lorenz Nett, Ulrich Stumpf. Bad
    266 Honnef, Februar 2011. Zitat S. 27.]
    267
    268
    269 I.2.2.5 Auswirkung zunehmender Verbreitung integrierter
    270 Geschäftsmodelle
    271 Schon heute ist zu beobachten, dass viele
    272 Telekommunikationsanbieter neben den reinen
    273 Transportleistungen und der Sprachtelefoniefunktion auch
    274 weiterführende Dienste, etwa Fernsehen/Video im Paket
    275 anbieten (Triple-Play/Quadruple-Play[FN: Triple-Play ist ein
    276 Begriff des Marketing und bezeichnet die Bündelung von drei
    277 Diensten (TV, Internet und Telefonie) in einem Angebot. Beim
    278 Quardruple-Play ist zusätzlich die Mobilkommunikation
    279 enthalten.]). Es ist anzunehmen, dass diese Entwicklung auch
    280 in Zukunft weiter voranschreiten wird, da eine
    281 Refinanzierung der immer leistungsfähigeren
    282 Internetzugangsdienste erleichtert wird, wenn zusätzliche
    283 Erlöse über weitere Dienste erzielt werden können. Zugleich
    284 steigt die Zahlungsbereitschaft der Kunden, wenn sie den
    285 Mehrwert einer höheren Leistungsbereitschaft der Anschlüsse
    286 durch leistungsfähigere Dienste erkennen. Die Bereitstellung
    287 verschiedener Dienste aus einer Hand ist dabei keine
    288 Notwendigkeit, aber ein von den Kunden besonders gern
    289 akzeptiertes Modell, da dieses Klarheit über den
    290 Ansprechpartner, eine vereinfachte Abrechnung und technisch
    291 voll integrierte Gesamtangebote erlaubt.
    292
    293 Den Vorteilen von integrierten Geschäftsmodellen für den
    294 Endkunden stehen aber auch potenzielle Bedrohungen für den
    295 Wettbewerb sowie die Wahrung der Netzneutralität gegenüber.
    296 Dies gilt etwa für den theoretischen Fall, dass ein
    297 Netzbetreiber seine eigenen Dienste beim Zugang zu
    298 Vorleistungen/Infrastrukturleistungen bevorzugen würde.[FN:
    299 Dies würde zudem einen Verstoß gegen das in der zuständigen
    300 Projektgruppe und im Rahmen des nationalen IT-Gipfels
    301 erarbeitete Verständnis von Netzneutralität darstellen. Vgl.
    302 hierzu den vierten Zwischenbericht der Enquete-Kommission
    303 Internet und digitale Gesellschaft – Netzneutralität,
    304 Bundestagsdrucksache 17/8536. Online abrufbar unter:
    305 http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Zwisch
    306 enberichte/Zwischenbericht_Netzneutralitaet_1708536.pdf
    307 sowie Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
    308 (BMWi): Netzneutralität – 11 Thesen für eine
    309 gesellschaftspolitische Diskussion. 2010. S. 2, These 10.
    310 Online abrufbar unter:
    311 http://www.it-gipfel.de/Dateien/BMWi/PDF/IT-Gipfel/it-gipfel
    312 -2010-netzneutralitaet,property=pdf,bereich=itgipfel,sprache
    313 =de,rwb=true.pdf] Auch aus einer bevorzugten Positionierung
    314 oder gesonderten Verkaufsförderung eigener beziehungsweise
    315 verbundener Dienste im Rahmen von Orientierungshilfen im
    316 Netz (zum Beispiel Suchmaschinen, Benutzeroberflächen, App
    317 Stores, Elektronischen Programmführern (Electronic Program
    318 Guide – EPG)) können Gefahren für den Wettbewerb erwachsen.
    319
    320 Gegen solche Missbräuche stehen bereits heute
    321 Schutzmechanismen zur Verfügung. Sie reichen von einfachen
    322 Nichtdiskriminierungsauflagen oder auch konkreten
    323 Zugangsansprüchen über Transparenzpflichten bis hin zu
    324 einschneidenden Maßnahmen wie der Untersagung integrierter
    325 Geschäftsmodelle oder gar die Aufspaltung entsprechender
    326 Unternehmen. Letztere kommen aber nur als Ultima Ratio in
    327 Betracht.