1 | Wie bereits dargelegt wurde, kommt einem funktionsfähigen |
2 | Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt eine hohe Bedeutung |
3 | für die Erreichung verschiedenster Zielsetzungen zu: Neben |
4 | der Steigerung von Qualität und der Gewährleistung |
5 | wettbewerbsorientierter Endkundenpreise trägt ein intensiver |
6 | Wettbewerb insbesondere auch wesentlich zur Schaffung eines |
7 | flächendeckenden Zugangs zum Internet bei. Nichtsdestotrotz |
8 | gibt es Gebiete, in denen bisher noch kein breitbandiger |
9 | Internetzugang zur Verfügung steht. Durch die Vorgabe bei |
10 | der Frequenzzuteilung, bisher unterversorgte Gebiete zuerst |
11 | mit Mobilfunk der 4ten Generation zu versorgen, konnte dies |
12 | aber teilweise kompensiert werden. |
13 | |
14 | Dies gilt gleichermaßen für den Wettbewerb der |
15 | Infrastrukturen untereinander als auch für den Wettbewerb |
16 | der über eine einzelne Infrastruktur realisierten Dienste. |
17 | Letzterer erlangt dort besondere Bedeutung, wo aus |
18 | ökonomischen Gründen der parallele Aufbau mehrerer |
19 | Infrastrukturen wirtschaftlich nicht möglich ist. Gerade |
20 | beim Ausbau von Ultra-Breitband sind oft derart hohe |
21 | Investitionen notwendig, dass ein Ausbau nur unter Nutzung |
22 | von Synergien zwischen den Infrastrukturbetreibern sinnvoll |
23 | erscheint. Für eine hinreichende Auslastung einer neu |
24 | errichteten Netzinfrastruktur als Voraussetzung für deren |
25 | Amortisierung sind häufig Penetrationsraten notwendig, die |
26 | im Falle einer weiteren, ebenso leistungsfähigen |
27 | Konkurrenzinfrastruktur nur schwer zu erreichen sind. Um |
28 | unter diesen Gegebenheiten einen funktionsfähigen Wettbewerb |
29 | zu ermöglichen, ist es zwingend notwendig, die Realisierung |
30 | von im Wettbewerb stehenden Diensten durch verschiedene |
31 | Diensteanbieter auf der Infrastruktur zu ermöglichen. |
32 | |
33 | Die Anbieterstruktur hat sich seit Mitte der 1990er Jahre |
34 | stark verändert: Damals war sie geprägt durch viele kleine |
35 | lokale Anbieter, die aber keine eigene Leitungsinfrastruktur |
36 | betrieben. Die Einwahl ins Internet erfolgte über das |
37 | normale Telefonnetz; die verfügbaren Modems modulierten die |
38 | Datenübertragung mit Tönen im hörbaren Bereich. Die letzte |
39 | Meile bis zum Endkunden wurde also in der Regel über die |
40 | normale Telefonleitung des ehemaligen Monopolisten |
41 | betrieben. Mit dem Einsatz neuer Technologien wie DSL und |
42 | dem Einstieg bundesweiter Internetzugansanbieter änderte |
43 | sich dies: Der harte Wettbewerb und niedrige Gewinnmargen im |
44 | Endkundengeschäft sorgten dafür, dass viele kleine Anbieter |
45 | nicht mehr mithalten konnten und nun nur noch spezielle |
46 | Nischen bedienen oder ganz verschwunden sind. Der Markt wird |
47 | im Wesentlichen von sieben Providern[FN: Vgl.dazu die |
48 | Ausführungen unter: |
49 | http://www.onlinekosten.de/breitband/breitbandkunden] |
50 | beherrscht, wobei die Telekom als Ex-Monopolist auf rund 50 |
51 | Prozent Marktanteil kommt. Im Gegensatz zu den 1990er Jahren |
52 | herrscht in gut ausgebauten Gebieten allerdings ein |
53 | Wettbewerb auf der letzten Meile sowie verschiedener |
54 | Infrastrukturen. Die für Endkunden sichtbarste Folge der |
55 | Veränderungen sind insgesamt drastisch gefallene Kosten. |
56 | |
57 | |
58 | I.2.2.3 Wettbewerb verschiedener Infrastrukturen |
59 | Die dargestellte technische Entwicklung erlaubt in |
60 | städtischen Gebieten zunehmend auch einen intensiven |
61 | Wettbewerb verschiedener Infrastrukturen, die alle eine |
62 | nachfragegerechte Breitbandversorgung ermöglichen. Dies |
63 | schließt in jedem Fall die oft parallel ausgebauten |
64 | Festnetztechnologien Kupfer- und TV-Kabel, zunehmend auch |
65 | Glasfaserkabel, ein. Hinzu tritt die dank neuer |
66 | Mobilfunkgenerationen immer leistungsfähiger werdende |
67 | Mobilfunkversorgung, die mit LTE sogar zu einer validen |
68 | Alternative zu einem Festnetzanschluss wird. |
69 | |
70 | Diese heterogene Infrastruktur aus regionalen, teilweise |
71 | auch lokalen Glasfaser- und glasfaserbasierten |
72 | TV-Kabelnetzen sowie den Mobilfunknetzen wird die Markt- und |
73 | Wettbewerbslandschaft künftig genauso prägen wie die |
74 | Vielschichtigkeit der Marktteilnehmer. Neben klassischen |
75 | Telekommunikationsunternehmen und reinen |
76 | Dienstleistungsanbietern beteiligen sich zunehmend zum |
77 | Beispiel auch Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen |
78 | mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kooperations- und |
79 | Risikoteilungsmodellen am Aufbau und Betrieb aktiver und |
80 | passiver Infrastrukturen. Trotz der mit Kooperationen |
81 | erzielbaren Synergieeffekte und Wirtschaftlichkeitsvorteile |
82 | ist ein paralleler Aufbau mehrerer Hochgeschwindigkeitsnetze |
83 | mit Blick auf den hohen Fixkostenanteil gerade in dünn |
84 | besiedelten Regionen ökonomisch häufig aber nicht sinnvoll. |
85 | Deshalb bedarf es neben dem Infrastrukturwettbewerb vor |
86 | allem in diesen Bereichen des zusätzlichen Wettbewerbs auf |
87 | der Ebene der über diese Infrastrukturen realisierten |
88 | Telekommunikations- und Telemediendienste. |
89 | Insbesondere beim künftigen Glasfaserausbau zeigt die |
90 | bereits zitierte WIK-Studie für das NGA-Forum der |
91 | Bundesnetzagentur, dass ein wirtschaftlicher Ausbau oft erst |
92 | bei Penetrationsraten von mindestens 60 Prozent möglich ist |
93 | und Kooperationen beim Aufbau und Betrieb daher von |
94 | zentraler Bedeutung sind.[FN: Vgl. Präsentation des WIK: |
95 | Implikationen eines flächendeckenden Glasfaserausbaus und |
96 | sein Subventionsbedarf – Zusammenfassung der Ergebnisse |
97 | eines Forschungsprojektes. 2011, S. 32ff. Online abrufbar |
98 | unter: |
99 | http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/BNet |
100 | zA/Sachgebiete/Telekommunikation/Regulierung/NGAForum/15teSi |
101 | tzung/NGAForum201109_WIKStudieFolien.pdf?__blob=publicationF |
102 | ile] |
103 | |
104 | Um für die Endkunden trotz der gegebenenfalls vorhandenen |
105 | Dominanz einer einzelnen kabelgebundenen |
106 | Glasfaserinfrastruktur in der betreffenden Region ein |
107 | umfassendes und vielfältiges Diensteangebot mit möglichst |
108 | gleichgearteten Leistungsmerkmalen sicherstellen zu können, |
109 | stehen grundsätzlich freiwillige oder regulierte Open |
110 | Access-Zugangmodelle auf Vorleistungsebene zur Wahl. Unter |
111 | Open Access wird ein Konzept zum Zugang zu |
112 | Vorleistungsprodukten eines Infrastrukturinhabers |
113 | verstanden.[FN: Hinweis: Der Begriff Open Access wird auch |
114 | im Kontext mit Wissenschaft und Forschung verwandt. Dort |
115 | bezeichnet er die für Nutzer kostenfreie und öffentlich |
116 | zugängliche Bereitstellung wissenschaftlicher Publikationen |
117 | und Daten im Internet. Siehe hierzu den Bericht der |
118 | Projektgruppe Bildung und Forschung (BT-Drucksache 17/XXXX). |
119 | Online abrufbar unter: www….] Freiwillige Zugangsmodelle |
120 | basieren auf den Prinzipien der Freiwilligkeit, Transparenz |
121 | und Diskriminierungsfreiheit und setzen zunächst auf |
122 | freiwillige Angebote, Kooperationen und Verhandlungslösungen |
123 | der Marktteilnehmer selbst. Regulierte Zugangsmodelle |
124 | basieren demgegenüber auf regulatorischen |
125 | Vorabverpflichtungen, mit denen diskriminierungsfreie |
126 | Zugangs- und Nutzungsbedingungen für alle Marktteilnehmer |
127 | durch die nationalen Regulierungsbehörden ex ante geschaffen |
128 | werden. Beide Modelle zielen in unterschiedlichem Maße |
129 | darauf ab, dass Provider und Diensteanbieter ohne eigene |
130 | Infrastruktur vor Ort den Endkunden weiterhin attraktive |
131 | Angebote unterbreiten können, die Auslastung und Effizienz |
132 | der errichteten Netze erhöht wird und der Wettbewerb |
133 | aufrechterhalten bleibt. |
134 | Beim Glasfaserausbau wird angesichts der bereits erwähnten |
135 | hohen Investitionskosten eine zusätzliche Komplexität |
136 | entstehen. Anders als bei der Errichtung des |
137 | Kupferkabelnetzes durch den damaligen Staatsmonopolisten |
138 | gibt es beim Aufbau eines bundesweit flächendeckenden |
139 | Glasfasernetzes nicht mehr nur einen zentralen Akteur. Wie |
140 | bereits ausgeführt, werden häufig lokal und regional |
141 | eigenständige Unternehmen den Ausbau vorantreiben, oft dabei |
142 | auch Unternehmen aus anderen Branchen, etwa |
143 | Energieunternehmen oder Stadtwerke. Beim Aufbau und Betrieb |
144 | dieser Breitbandinfrastrukturen wird der Gewährleistung von |
145 | Interoperabilität eine essentielle Bedeutung zukommen. Die |
146 | steigende Anzahl lokaler Breitbandnetze erfordert die |
147 | technische Standardisierung von Schnittstellen und |
148 | Prozessen, um den Netzzugang zu ermöglichen. Eine zu große |
149 | Vielfalt von Schnittstellen und Prozeduren wird nicht mehr |
150 | praktikabel sein. Deshalb ist eine bundesweite Definition |
151 | standardisierter Schnittstellen und Prozesse von erheblicher |
152 | Bedeutung, um Zugang zu und damit einen intensiven |
153 | Wettbewerb bei den auf der Infrastruktur realisierten |
154 | Diensten zu erreichen.[FN: Das Thema Interoperabilität wird |
155 | in der Projektgruppe Interoperabilität, Standards, Freie |
156 | Software behandelt.] |
157 | |
158 | |
159 | I.2.2.4 Fortdauernde Bedeutung des Dienstewettbewerbs |
160 | innerhalb einer Infrastruktur |
161 | Im Rahmen der Liberalisierung des Telekommunikationssektors |
162 | hat der Dienstewettbewerb, das heißt bei Verwendung |
163 | zumindest teilweise derselben Infrastruktur, einen |
164 | wesentlichen Beitrag zur Entstehung eines intensiven |
165 | Wettbewerbs geleistet. Deutschland steht hier – gerade auch |
166 | dank der entsprechenden regulatorischen Vorgaben – im |
167 | internationalen Vergleich mit einem grundsätzlich guten |
168 | Wettbewerbsergebnis dar[FN: So ist etwa im internationalen |
169 | Vergleich des OECD Communications Outlook 2011 der |
170 | Marktanteil von neuen Marktteilnehmern im Wettbewerb („New |
171 | entrants“) an den Festnetzanschlüssen für Deutschland im |
172 | Jahr 2009 mit 33 Prozent ausgewiesen und hat damit im |
173 | europäischen Vergleich einen der höchsten Werte. Vgl.OECD |
174 | Communications Outlook 2011, S. 57. Online abrufbar unter: |
175 | www.oecd.org/sti/telecom/outlook. Der Anteil hat sich |
176 | seitdem in Deutschland weiter erhöht (38 Prozent im Jahr |
177 | 2011 nach dem Tätigkeitsbericht Telekommunikation 2010/11 |
178 | der Bundesnetzagentur, S. 31 ff. Online abrufbar unter |
179 | http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/BNet |
180 | zA/Presse/Berichte/2011/TaetigkeitsberichtTK20102011pdf.pdf? |
181 | __blob=publicationFile. Hinzu kommt ein steigender |
182 | Wettbewerbsabteil der Kabelanbieter. Unverändert verfügt |
183 | aber der Incumbent Deutsche Telekom in relevanten Märkten |
184 | über erhebliche Marktmacht im Sinne der |
185 | EU-TK-Marktregulierung.]. In der Betrachtung der Bedeutung |
186 | des Dienstewettbewerbs ist daher zwischen Auf- oder auch |
187 | Ausbau der Netzinfrastruktur auf der einen und Betrieb von |
188 | Netzinfrastruktur auf der anderen Seite zu unterscheiden. |
189 | Während es beim Auf- und Ausbau um die Schaffung von |
190 | Infrastruktuwettbewerb geht, gilt beim Betrieb , dass hier |
191 | auch ein reiner Dienstewettbewerb seine eigenständige |
192 | Relevanz zur Sicherung vielfältiger und attraktiver Angebote |
193 | für den Endkunden auch bei sich entwickelndem |
194 | Infrastrukturwettbewerb behält. |
195 | |
196 | Von besonderer Bedeutung ist der Dienstewettbewerb |
197 | insbesondere dort, wo aus wirtschaftlichen Gründen eine |
198 | Dopplung von Infrastrukturen nicht zu erwarten ist. Hier |
199 | kommt einem funktionierenden Dienstewettbewerb auf einer |
200 | einheitlichen Infrastruktur eine zentrale Rolle zu. Beim |
201 | gemeinsamen Aufbau und Betrieb von |
202 | Telekommunikationsinfrastrukturen haben die Gewährleistung |
203 | von Interoperabilität, die Förderung von Investitionen und |
204 | Innovationen sowie die Sicherung von Wettbewerb und |
205 | Wahlfreiheit der Endverbraucher im Mittelpunkt zu stehen. |
206 | Künftig werden Unternehmen den Zugang zu Netzen Dritter |
207 | nachfragen, um ein möglichst flächendeckendes Produktangebot |
208 | zu erreichen, denn viele Marktakteure werden auch künftig |
209 | Produkte bundesweit anbieten wollen und aus wirtschaftlicher |
210 | Sicht sogar müssen. |
211 | Der Zugang zu Netzen Dritter sichert so einen |
212 | diskriminierungsfreien Wettbewerb und sorgt damit für |
213 | Angebote, die es den Endkunden ermöglichen, frei zwischen |
214 | möglichst unterschiedlichen Produkten, Qualitäten, Preisen |
215 | und Anbietern zu entscheiden. |
216 | |
217 | An dieser Stelle kommt der Entwicklung von Marktlösungen in |
218 | Form von freiwilligen oder regulierten Kooperationsmodellen |
219 | eine zentrale Bedeutung zu – das Stichwort lautet Open |
220 | Access beim Netzzugang. Dort, wo sich und soweit sich |
221 | Infrastrukturinhaber und Nachfrager unter Beachtung der |
222 | Prinzipien Freiwilligkeit, Transparenz und |
223 | Diskriminierungsfreiheit auf Leistungsspezifika und Preise |
224 | für einen Zugang einigen, kann freiwilliges Open Access auch |
225 | als marktgerechte und wettbewerbsfördernde Alternative zur |
226 | herkömmlichen Regulierung angesehen werden. Das freiwillige |
227 | Open Access-Konzept ist jedoch keinesfalls mit symmetrischer |
228 | Regulierung gleichzusetzen oder zu verwechseln. Im Fall der |
229 | Nichteinigung auf kommerzieller Basis können regulatorische |
230 | Instrumente zur Anwendung kommen, wie zum Beispiel die |
231 | Anordnung von Zugangsansprüchen oder eine Entgeltregulierung |
232 | im Rahmen der entsprechenden rechtlich-regulatorischen |
233 | Voraussetzungen, etwa nach den Regelungen und Verfahren des |
234 | Telekommunikationsgesetzes (TKG). |
235 | |
236 | Zwar ist im Telekommunikationsgesetz die Regulierung einer |
237 | marktbeherrschenden Stellung der wesentliche Ansatz. Darüber |
238 | hinaus ist es nach den neuen EU-Richtlinien, insbesondere |
239 | nach Artikel 12 der Rahmenrichtlinie, aber auch möglich, |
240 | Unternehmen beziehungsweise Eigentumsrechteinhabern |
241 | symmetrische Regulierungsverpflichtungen aufzuerlegen. |
242 | „Die nationale Regulierungsbehörde kann demnach unter |
243 | Beachtung der Verhältnismäßigkeit die gemeinsame Nutzung |
244 | [vorhandener Infrastruktur] vorschreiben, wozu unter anderem |
245 | Gebäude, Gebäudezugänge, Verkabelungen in Gebäuden, Masten, |
246 | Antennen, Türme oder andere Trägerstrukturen, Leitungsrohre, |
247 | Leerrohre, Einstiegsschächte und Verteilerkästen |
248 | gehören.“[FN: Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur |
249 | und Kommunikationsdienste (WIK): Symmetrische Regulierung: |
250 | Möglichkeiten und Grenzen im neuen EU-Rechtsrahmen. Autoren: |
251 | Lorenz Nett, Ulrich Stumpf. Bad Honnef, Februar 2011. S. |
252 | III.] In anderen europäischen Ländern (zum Beispiel |
253 | Frankreich oder Portugal) haben die nationalen |
254 | Regulierungsbehörden bereits entsprechende |
255 | Zugangsverpflichtungen für die Inhaus-Verkabelung erlassen, |
256 | welche als Engpass bzw. notwendige Voraussetzung betrachtet |
257 | wird. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Instituts für |
258 | Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) vom Februar |
259 | 2011 schlägt entsprechende Maßnahmen auch für Deutschland |
260 | vor. Exklusivvereinbarungen mit Kabelnetzbetreibern halten |
261 | die Autoren hingegen für „regulierungsökonomisch |
262 | problematisch“.[FN: Wissenschaftliches Institut für |
263 | Infrastruktur und Kommunikationsdienste: Symmetrische |
264 | Regulierung: Möglichkeiten und Grenzen im neuen |
265 | EU-Rechtsrahmen. Autoren: Lorenz Nett, Ulrich Stumpf. Bad |
266 | Honnef, Februar 2011. Zitat S. 27.] |
267 | |
268 | |
269 | I.2.2.5 Auswirkung zunehmender Verbreitung integrierter |
270 | Geschäftsmodelle |
271 | Schon heute ist zu beobachten, dass viele |
272 | Telekommunikationsanbieter neben den reinen |
273 | Transportleistungen und der Sprachtelefoniefunktion auch |
274 | weiterführende Dienste, etwa Fernsehen/Video im Paket |
275 | anbieten (Triple-Play/Quadruple-Play[FN: Triple-Play ist ein |
276 | Begriff des Marketing und bezeichnet die Bündelung von drei |
277 | Diensten (TV, Internet und Telefonie) in einem Angebot. Beim |
278 | Quardruple-Play ist zusätzlich die Mobilkommunikation |
279 | enthalten.]). Es ist anzunehmen, dass diese Entwicklung auch |
280 | in Zukunft weiter voranschreiten wird, da eine |
281 | Refinanzierung der immer leistungsfähigeren |
282 | Internetzugangsdienste erleichtert wird, wenn zusätzliche |
283 | Erlöse über weitere Dienste erzielt werden können. Zugleich |
284 | steigt die Zahlungsbereitschaft der Kunden, wenn sie den |
285 | Mehrwert einer höheren Leistungsbereitschaft der Anschlüsse |
286 | durch leistungsfähigere Dienste erkennen. Die Bereitstellung |
287 | verschiedener Dienste aus einer Hand ist dabei keine |
288 | Notwendigkeit, aber ein von den Kunden besonders gern |
289 | akzeptiertes Modell, da dieses Klarheit über den |
290 | Ansprechpartner, eine vereinfachte Abrechnung und technisch |
291 | voll integrierte Gesamtangebote erlaubt. |
292 | |
293 | Den Vorteilen von integrierten Geschäftsmodellen für den |
294 | Endkunden stehen aber auch potenzielle Bedrohungen für den |
295 | Wettbewerb sowie die Wahrung der Netzneutralität gegenüber. |
296 | Dies gilt etwa für den theoretischen Fall, dass ein |
297 | Netzbetreiber seine eigenen Dienste beim Zugang zu |
298 | Vorleistungen/Infrastrukturleistungen bevorzugen würde.[FN: |
299 | Dies würde zudem einen Verstoß gegen das in der zuständigen |
300 | Projektgruppe und im Rahmen des nationalen IT-Gipfels |
301 | erarbeitete Verständnis von Netzneutralität darstellen. Vgl. |
302 | hierzu den vierten Zwischenbericht der Enquete-Kommission |
303 | Internet und digitale Gesellschaft – Netzneutralität, |
304 | Bundestagsdrucksache 17/8536. Online abrufbar unter: |
305 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Zwisch |
306 | enberichte/Zwischenbericht_Netzneutralitaet_1708536.pdf |
307 | sowie Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie |
308 | (BMWi): Netzneutralität – 11 Thesen für eine |
309 | gesellschaftspolitische Diskussion. 2010. S. 2, These 10. |
310 | Online abrufbar unter: |
311 | http://www.it-gipfel.de/Dateien/BMWi/PDF/IT-Gipfel/it-gipfel |
312 | -2010-netzneutralitaet,property=pdf,bereich=itgipfel,sprache |
313 | =de,rwb=true.pdf] Auch aus einer bevorzugten Positionierung |
314 | oder gesonderten Verkaufsförderung eigener beziehungsweise |
315 | verbundener Dienste im Rahmen von Orientierungshilfen im |
316 | Netz (zum Beispiel Suchmaschinen, Benutzeroberflächen, App |
317 | Stores, Elektronischen Programmführern (Electronic Program |
318 | Guide – EPG)) können Gefahren für den Wettbewerb erwachsen. |
319 | |
320 | Gegen solche Missbräuche stehen bereits heute |
321 | Schutzmechanismen zur Verfügung. Sie reichen von einfachen |
322 | Nichtdiskriminierungsauflagen oder auch konkreten |
323 | Zugangsansprüchen über Transparenzpflichten bis hin zu |
324 | einschneidenden Maßnahmen wie der Untersagung integrierter |
325 | Geschäftsmodelle oder gar die Aufspaltung entsprechender |
326 | Unternehmen. Letztere kommen aber nur als Ultima Ratio in |
327 | Betracht. |
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01.03.02 Wettbewerb im Internetzugangsmarkt (Originalversion)
von EnqueteSekretariat, angelegt