01.01 Einleitung

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  • 01.01 Einleitung (Originalversion)

    von EnqueteSekretariat, angelegt
    1 Die Infrastruktur des Internets sowie die damit verbundenen
    2 technischen Standards und Kooperationsprozesse haben sich
    3 zunächst in einem nicht kommerziellen Rahmen entwickelt. Das
    4 Netz war zu Beginn ein reines Forschungsnetz. Die
    5 Internetstandards und RFCs (Request for Comment)[FN: Unter
    6 Request for Comments (RFC) werden Dokumente verstanden, die
    7 technische und organisatorische Spezifikationen sowie
    8 Richtlinien über das Internet enthalten. Nur RFCs, die von
    9 der Internet Engineering Task Force (IETF) verabschiedet
    10 wurden, haben einen normativen Charakter und gelten als
    11 Internetstandard. Nähere Informationen zu RFCs sind online
    12 auf den Seiten der IETF abzurufen untern:
    13 http://www.ietf.org/ beziehungsweise
    14 http://www.rfc-editor.org ] sind auf der Basis freier
    15 Entwicklung entstanden und wurden später im freien und
    16 wettbewerblichen Zusammenspiel der verschiedenen Beteiligten
    17 weiterentwickelt. Der Staat war eher als Teilnehmer beim
    18 Aufbau dieser Infrastruktur – zunächst im militärischen
    19 Bereich, später insbesondere im Forschungsbereich –
    20 beteiligt, weniger aber durch politisch-regulatorische
    21 Steuerung.
    22
    23 In der Bundesrepublik Deutschland kommt dem Staat gemäß
    24 Artikel 87 f Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) ein
    25 Verfassungsauftrag zu, „angemessene und ausreichende
    26 Dienstleistungen“ bei der Telekommunikationsinfrastruktur zu
    27 gewährleisten. Zu erbringen sind diese Dienstleistungen
    28 jedoch gemäß Artikel 87 f Absatz 2 GG durch private Anbieter
    29 oder aber durch die aus dem Sondervermögen der Deutschen
    30 Bundespost hervorgegangenen Unternehmen.
    31 Auf europäischer Ebene „trägt die Union zum Auf- und Ausbau
    32 transeuropäischer Netze in den Bereichen der Verkehrs-,
    33 Telekommunikations- und Energieinfrastruktur bei“.[FN:
    34 Artikel 170 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der
    35 Europäischen Union (AEUV)] Angesichts der heutigen
    36 Bedeutung des Internets für alle Lebensbereiche fällt auch
    37 die Infrastruktur des Internets in Deutschland und Europa
    38 unter diese grundsätzlichen Vorgaben. Ungeachtet dieser
    39 Gewährleistungsfunktion des Staates hat sich das Internet
    40 aber seit seinen Anfängen vorrangig aufgrund von
    41 freiwilligen, offenen technischen Standards und
    42 Kooperationsvereinbarungen der verschiedenen Beteiligten
    43 weiterentwickelt. Regulatorische Eingriffe für einen Ausbau
    44 waren weitestgehend nicht erforderlich. In der Folge konnte
    45 sich eine dezentrale technische Struktur des Netzes
    46 entwickeln, die durch internationale Governance-Formen
    47 verwaltet wird, welche auf Kooperation und breite
    48 Beteiligung sowie Standards und Normen setzen.[FN: Das Thema
    49 Governance ist Gegenstand der Beratungen der Projektgruppe
    50 Internationales und Internet Governance.] Es darf daher mit
    51 Recht bezweifelt werden, ob es eine vergleichbare dezentrale
    52 und dynamische Entwicklung des Internets bei einer
    53 durchgängigen staatlichen oder privatwirtschaftlichen
    54 Regulierung und Einflussnahme gegeben hätte.
    55
    56 Das Prinzip von nur geringen staatlich-regulatorischen
    57 Eingriffen in die Struktur und die technischen Standards des
    58 Internets hat sich beim Aufbau des Internets weitgehend
    59 bewährt und sollte hinsichtlich dieses Aspektes auch
    60 Grundlage für seine Weiterentwicklung bleiben.[FN: Der
    61 Schutz des Internets als kritische Infrastruktur für
    62 grundlegende Dienste der Daseinsvorsorge und der
    63 Aufrechterhaltung des Wirtschaftskreislaufes stellt hingegen
    64 eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar und erfordert ein
    65 Zusammenwirken von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Siehe
    66 hierzu ausführlich Kapitel II. 2.] Zugleich hat aber auch
    67 die zunehmende Diskussion über Netzneutralität gezeigt, dass
    68 Fragen des Zugangs und der Entgeltregulierung sowie von
    69 Missbrauchs- und Diskriminierungsverboten Themenbereiche
    70 sind, die Gegenstand staatlicher Regulierung sind
    71 beziehungsweise werden können, um die
    72 Diskriminierungsfreiheit im Internet in Deutschland auch
    73 weiterhin zu gewährleisten.[FN: Zum Thema Netzneutralität
    74 vgl. den vierten Zwischenbericht der Enquete-Kommission
    75 Internet und digitale Gesellschaft, Bundestagsdrucksache
    76 17/8536. Online abrufbar unter:
    77 http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Zwisch
    78 enberichte/Zwischenbericht_Netzneutralitaet_1708536.pdf]
    79 Im Bereich der technischen Standardisierung und der
    80 Einführung neuer Protokolle, die exemplarisch an der
    81 Einführung des Internetprotokolls Version 6 (IPv6)
    82 betrachtet werden, kommt dem Staat nur eine begleitende
    83 Rolle zu (siehe hierzu Kapitel I. 2). Eine stärker ordnende
    84 Funktion hat der Staat jedoch im Bereich des Internetzugangs
    85 zu übernehmen, wenn es darum geht, einen funktionsfähigen
    86 Wettbewerb in diesem üblicherweise auch national begrenzten
    87 Markt zu gewährleisten, und gerade auch hierdurch die
    88 Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Zugangsinfrastruktur zu
    89 sichern (siehe hierzu Kapitel I. 3).