| 1 | Die Infrastruktur des Internets sowie die damit verbundenen |
| 2 | technischen Standards und Kooperationsprozesse haben sich |
| 3 | zunächst in einem nicht kommerziellen Rahmen entwickelt. Das |
| 4 | Netz war zu Beginn ein reines Forschungsnetz. Die |
| 5 | Internetstandards und RFCs (Request for Comment)[FN: Unter |
| 6 | Request for Comments (RFC) werden Dokumente verstanden, die |
| 7 | technische und organisatorische Spezifikationen sowie |
| 8 | Richtlinien über das Internet enthalten. Nur RFCs, die von |
| 9 | der Internet Engineering Task Force (IETF) verabschiedet |
| 10 | wurden, haben einen normativen Charakter und gelten als |
| 11 | Internetstandard. Nähere Informationen zu RFCs sind online |
| 12 | auf den Seiten der IETF abzurufen untern: |
| 13 | http://www.ietf.org/ beziehungsweise |
| 14 | http://www.rfc-editor.org ] sind auf der Basis freier |
| 15 | Entwicklung entstanden und wurden später im freien und |
| 16 | wettbewerblichen Zusammenspiel der verschiedenen Beteiligten |
| 17 | weiterentwickelt. Der Staat war eher als Teilnehmer beim |
| 18 | Aufbau dieser Infrastruktur – zunächst im militärischen |
| 19 | Bereich, später insbesondere im Forschungsbereich – |
| 20 | beteiligt, weniger aber durch politisch-regulatorische |
| 21 | Steuerung. |
| 22 | |
| 23 | In der Bundesrepublik Deutschland kommt dem Staat gemäß |
| 24 | Artikel 87 f Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) ein |
| 25 | Verfassungsauftrag zu, „angemessene und ausreichende |
| 26 | Dienstleistungen“ bei der Telekommunikationsinfrastruktur zu |
| 27 | gewährleisten. Zu erbringen sind diese Dienstleistungen |
| 28 | jedoch gemäß Artikel 87 f Absatz 2 GG durch private Anbieter |
| 29 | oder aber durch die aus dem Sondervermögen der Deutschen |
| 30 | Bundespost hervorgegangenen Unternehmen. |
| 31 | Auf europäischer Ebene „trägt die Union zum Auf- und Ausbau |
| 32 | transeuropäischer Netze in den Bereichen der Verkehrs-, |
| 33 | Telekommunikations- und Energieinfrastruktur bei“.[FN: |
| 34 | Artikel 170 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der |
| 35 | Europäischen Union (AEUV)] Angesichts der heutigen |
| 36 | Bedeutung des Internets für alle Lebensbereiche fällt auch |
| 37 | die Infrastruktur des Internets in Deutschland und Europa |
| 38 | unter diese grundsätzlichen Vorgaben. Ungeachtet dieser |
| 39 | Gewährleistungsfunktion des Staates hat sich das Internet |
| 40 | aber seit seinen Anfängen vorrangig aufgrund von |
| 41 | freiwilligen, offenen technischen Standards und |
| 42 | Kooperationsvereinbarungen der verschiedenen Beteiligten |
| 43 | weiterentwickelt. Regulatorische Eingriffe für einen Ausbau |
| 44 | waren weitestgehend nicht erforderlich. In der Folge konnte |
| 45 | sich eine dezentrale technische Struktur des Netzes |
| 46 | entwickeln, die durch internationale Governance-Formen |
| 47 | verwaltet wird, welche auf Kooperation und breite |
| 48 | Beteiligung sowie Standards und Normen setzen.[FN: Das Thema |
| 49 | Governance ist Gegenstand der Beratungen der Projektgruppe |
| 50 | Internationales und Internet Governance.] Es darf daher mit |
| 51 | Recht bezweifelt werden, ob es eine vergleichbare dezentrale |
| 52 | und dynamische Entwicklung des Internets bei einer |
| 53 | durchgängigen staatlichen oder privatwirtschaftlichen |
| 54 | Regulierung und Einflussnahme gegeben hätte. |
| 55 | |
| 56 | Das Prinzip von nur geringen staatlich-regulatorischen |
| 57 | Eingriffen in die Struktur und die technischen Standards des |
| 58 | Internets hat sich beim Aufbau des Internets weitgehend |
| 59 | bewährt und sollte hinsichtlich dieses Aspektes auch |
| 60 | Grundlage für seine Weiterentwicklung bleiben.[FN: Der |
| 61 | Schutz des Internets als kritische Infrastruktur für |
| 62 | grundlegende Dienste der Daseinsvorsorge und der |
| 63 | Aufrechterhaltung des Wirtschaftskreislaufes stellt hingegen |
| 64 | eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar und erfordert ein |
| 65 | Zusammenwirken von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Siehe |
| 66 | hierzu ausführlich Kapitel II. 2.] Zugleich hat aber auch |
| 67 | die zunehmende Diskussion über Netzneutralität gezeigt, dass |
| 68 | Fragen des Zugangs und der Entgeltregulierung sowie von |
| 69 | Missbrauchs- und Diskriminierungsverboten Themenbereiche |
| 70 | sind, die Gegenstand staatlicher Regulierung sind |
| 71 | beziehungsweise werden können, um die |
| 72 | Diskriminierungsfreiheit im Internet in Deutschland auch |
| 73 | weiterhin zu gewährleisten.[FN: Zum Thema Netzneutralität |
| 74 | vgl. den vierten Zwischenbericht der Enquete-Kommission |
| 75 | Internet und digitale Gesellschaft, Bundestagsdrucksache |
| 76 | 17/8536. Online abrufbar unter: |
| 77 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Zwisch |
| 78 | enberichte/Zwischenbericht_Netzneutralitaet_1708536.pdf] |
| 79 | Im Bereich der technischen Standardisierung und der |
| 80 | Einführung neuer Protokolle, die exemplarisch an der |
| 81 | Einführung des Internetprotokolls Version 6 (IPv6) |
| 82 | betrachtet werden, kommt dem Staat nur eine begleitende |
| 83 | Rolle zu (siehe hierzu Kapitel I. 2). Eine stärker ordnende |
| 84 | Funktion hat der Staat jedoch im Bereich des Internetzugangs |
| 85 | zu übernehmen, wenn es darum geht, einen funktionsfähigen |
| 86 | Wettbewerb in diesem üblicherweise auch national begrenzten |
| 87 | Markt zu gewährleisten, und gerade auch hierdurch die |
| 88 | Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Zugangsinfrastruktur zu |
| 89 | sichern (siehe hierzu Kapitel I. 3). |
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01.01 Einleitung (Originalversion)
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